Kommentare aus der AMAZONAS-Box
Politik und Technik aus München - Pazifistisch
mit dem Fahrrad (Peace, cycling and more)

Militärische ... Friedenseinsätze

Dienstag, 22.1.2008    

Aus der Ankündigung für letzten Samstag zu einer Veranstaltung von Petra-Kelly-Stiftung u.a.:

"Frieden kriegen - zur Wirkung militärischer und ziviler Friedenseinsätze
Mit allen Mitteln bemüht sich die internationale Gemeinschaft um Frieden in der Welt: Blauhelmsoldaten sind im Einsatz, zivile Friedensfachkräfte unterstützen Wiederaufbau und Versöhnungsarbeit, Beratungspersonal und Projektgelder begleiten den Aufbau demokratischer Strukturen. Auch die deutsche Regierung beteiligt sich direkt oder indirekt an solchen Friedenseinsätzen. Die Bilanz all dieser Bemühungen der letzten Jahre ist jedoch eher ernüchternd. In Afghanistan nimmt die Gewalt zu, auf dem südlichen Balkan ist die Feindschaft keineswegs überwunden."

Da rollen sich die Zehennägel auf ...

Die Veranstaltung war am Samstag , und tatsächlich erschien bei Indymedia ein Artikel, der diese Veranstaltung als Gegenveranstaltung zur SiKo darstellte (nichts gegen Indymedia, das ist ein Basisbericht - aber die Kritik ist fällig).

Was zuviel ist ist zuviel. Auch spät nachts noch dazu; im Indy-Artikel wird die "Expertenrunde" gerühmt, also:

Wahrlich eine Expertenrunde - Experten dafür, wie man die koloniale Interessenpolitik der NATO-Staaten als humanitäre Maßnahme verkauft.

Es fehlt mir gerade die Zeit (und das Thema muß eh öfter anderswo bearbeitet werden), hier ausreichend gründlich dieses "Phänomen" zu behandeln, trotzdem kurz und schmerzhaft:

Die Veranstaltung als "Gegenveranstaltung zur Sicherheitskonferenz" bezeichnen zu wollen finde ich dreist. Sie passt vielmehr wie die Faust aufs Auge zu Teltschiks "Friedensplakette", die Soldaten in internationalen "Friedens"missionen für ihre Kriege feiert.

Ich bin seit langem immer wieder erschüttert, wie leicht auch Friedensgruppen, die es besser wissen müssten, sich als Flankenschutz für eine derartiege Regierungspropaganda hergeben.

Ist das nicht rührend, wie die Veranstalter, nachdem sie in der Überschrift locker militärische und zivile "Friedenseinsätze" nebeneinanderstellen (und in *ihrem Bereich* staatlicher Interessenvertretung damit gewissermassen recht haben) in der Einladung schreiben: "Mit allen Mitteln bemüht sich die internationale Gemeinschaft um Frieden in der Welt"

Wer oder was ist diese ominöse "Internationale Gemeinschaft" ..?

- diese Begriffsbildung der neoliberalen Propaganda wird ungeniert positiv aufgegriffen. Die "Internationale Gemeinschaft" ist ein Feld der Auseinandersetzung, aber "um Frieden bemühen" halte ich für eine Umschreibung für den Prozess, die imperialen Abhängigkeiten zu verschärfen. Es wird letztlich als selbstverständlich dargestellt, daß die reichen/mächtigen Staaten nach eigenem Gutdünken überall intervenieren dürfen.

Da darf natürlich nicht sichtbar werden, daß die NATO-Beteiligten sich von den anderen Warlords vor allem durch schier unbegrenzte Resourcen und ebensolche Gier unterscheiden.

Der beteiligte Kühne ist Leiter des "Zentrums für internationale Friedenseinsätze", das soweit ich mich erinnere von der Bundesregierung getragen wird, und nach meiner Erinnerung in seinen Schriften die NATO-Kriege mit rechtfertigen half.

Die Petra-Kelly-Stiftung ist der bayerische Teil der grünen-nahen Böll-Stiftung, von der die Militarisierung der Rot-grünen (und jetzt auch -schwarzen) Außenpolitik maßgeblich vorangetrieben und politisch mit durchgesetzt wurde. Ich vergleiche sie in ihrer Gefährlichkeit mit der Bertelsmannstiftung (auch wenn es möglicherweise noch Inseln gibt, wo Leute versuchen die Mittel sinnvoll zu verwenden - so sicher bin ich da auch nicht).

Sehr passend, daß man dann preiswerte (!) zivil engagierte Menschen für die Ziele der Außenpolitik einspannen kann. Es reicht nicht mehr, daß wie im früheren Kolonialismus die Kirchen den moralischen Segen gaben, heute - säkularisiert - braucht man noch ein paar NGOs dafür.
Ich gehe inzwischen so weit, daß *diese Politikmischung* ein entscheidender Hebel war, den rasanten Militarisierungsschub der rot/grünen Außen- und Innenpolitik (ja, der Sozial- und Demokratieabbau (Schily!) ist "kriegsfähig machen") durchsetzbar zu machen:

Eine Beschäftigungstherapie für die rotgrünen Klientel, denen (den Aktivisten bei NGOs) man "menschenfreundliche Jobs" in Aussicht stellt, und sie letztlich davon abhält, was ernsthafter gegen den Zuwachs der Rüstungsexporte und (menschenfreundlich getarnten) Auslandseinsätze zu machen, und den Zusammenhang zwischen der menschenfeindlichen Innen- und Außenpolitik zu thematisieren.

Ging ja auch bruchlos nach dem Regierungswechsel weiter.

Die Einladung der unguten Veranstaltung stellt - ganz folgerichtig - "militärische und zivile Friedenseinsätze" nebeneinander. Daß diese dann Scheitern, wird halt als Problem geschildert, nicht aber die politische Zielsetzung dahinter (wobei sie mit dieser - verdeckten! - Zielsetzung ja nicht unbedingt scheitern). So wird die Mär von der friedlichen Absicht der Auslandseinsätze transportiert, ein Persilschein in für mich unglaublicher Direktheit.

Die Regierungen sind an "Befriedung", nicht an "Frieden" interessiert, und der Teil der Szene auf solchen Veranstltungen macht sich hier - zum Teil fürchte ich bewußt - zum Büttel dieser Machtpolitik.

Regierungspropaganda, die von NGOs beim Buhlen um die (dann trotzdm alibihaften) Mittel mitgetragen wird.

"Wir sind die Guten", das läßt jede Regierung gerne von sich schreiben, und kommt damit beim Publikum gut an. Was not täte, wäre diese Fassade endliche durchschaubarer zu machen, statt zu hoffen daß man ein paar Brosamen für die eigene Befindlichkeit abbekommt, wenn man diese Fassade mit Tünchen hilft.