Kommentare aus der AMAZONAS-Box
Politik und Technik aus München - Pazifistisch
mit dem Fahrrad (Peace, cycling and more)

Peacewashing

Samstag, 19.12.2009    

Seit einiger Zeit wurde es zu auffällig, wie klassische Umweltverschmutzerkonzerne z.B. aus der Energie-, Auto- oder Chemiebranche versuchten, sich mittels aufwendigen Public-Relations-Aktivitäten ein "grünes", umweltfreundliches Image zu geben - als Greenwashing hat dieses Phänomen einen Namen bekommen.

Entsprechendes passiert schon lange beim Friedensthema. Ein neuer, aktueller Höhepunkt ist zweifellos der Friedensnobelpreis für Obama - ein drastischeres Peacewashing1 ist kaum vorstellbar.

Kurzer Rückblick: ich erinnere mich wie Kanzler Kohl (glaub ich - oder war es Schmid?) die Bundeswehr als größte Friedensbewegung bezeichnete - aha.

Eine wirkliche Blüte erreichte "Peacewashing" allerdings unter den rot-grünen Regierungen. Die Militarisierung der Politik, heute sehr weit fortgeschritten, wurde bekanntlich von Rot-Grün mit routinemäßigen Grenzüberschreitungen vorangetrieben.

Das hat deshalb besonders gut geklappt, weil die Kontakte der Grünen Partei zur Friedensbewegung ein ziemliches Trägheitsmoment besaßen - viele außerparlamentarische Aktive konnten sich nicht darauf einstellen, wie atemberaubend schnell und radikal sich die Grünen zur Kriegspartei wandelten. Für die SPD gilt ähnliches, allerdings nicht so auffällig, da es dort zwar aktive Pazifisten gab, die aber immer schon offensichtlich aus einer hoffnungslosen Minderheit heraus bestenfalls harmlose Nadelstiche leisten. Immerhin gab es Zeiten, in denen die SPD dazu mit Parteiausschlüssen reagierte (die Gründung der damaligen Friedensliste wurde so befördert).

Zurück zu heute: Rot-Grün hat mit seinen Parteistiftungen und den Kontakten zur "Friedensforschung" immer versucht so Einfluß zu nehmen, indem engagierten Menschen eine Art "Angebot zur Kooperation" trotz Kriegspolitik vorgeführt wurde.

Das traf auf eine "Lücke": Zu Zeiten der Blockkonfrontation, als "Verteidigung" noch den klassischen Klang hatte, entstand das Konzept der "sozialen Verteidigung", um sich von den Angriffsoptionen der Armee so loszusagen. Sehr gute Sache in dem Zusammenhang, keine Frage.

Plötzlich interessierte die "alte Verteidigung" fast niemand mehr - es ging um "out of area", also weltweite militärische Einmischung. Die "Soziale Verteidigung" verlor in dem Maße an Gewicht, als niemand mehr ernstlich mit klassischen Militärangriffen von außen rechnete.

Die "neue soziale Verteidigung" ging auch "out of area", der "Internationale Friedensdienst" machte Karriere2.

Rot-grün kam mit dem "Aktionsplan zivile Krisenprävention, Konfliktlösung ..." heraus (hier im Blog früh thematisiert). Die begeisterten Friedensfreunde (nun, nicht alle ;-) stiegen darauf ein. Das Establishment hatte zu diesem Zeitpunkt längst die Weichen gestellt, mit dem Stichwort "Vernetzte Sicherheit" zur internationalen Machtausübung dem Militär eine nützliche zivile Begleitung zu stellen.

Also: alle diese Punkte sind letztlich als Bausteine einer "Zivil-Militärischen Politik" zu verstehen.

Solange man beim Marketing nur "Zivil" drauf schreibt, sind zu viele Gruppen heute noch damit zufrieden - ein großes Problem!

Als der oben erwähnte Aktionsplan an Neuigkeitswert verlor, erblickte (inzwischen gab es die Schwarz-"Rote"-Koalition) das Projekt "Vorrang für Zivil" das Licht3.

Dieses "Vorrang für Zivil" folgt für mich dem gleichen Muster: "Zivil" für das Peacemarketing, wie es dahinter (militärisch) aussieht - bitte nicht beachten. ich lese da immer:

Vorrang für Zivil-Militärisch

(Die Beispiele muß ich auf einen späteren Artikel verschieben, sorry).

Die neue Regierung bringt in diesen Punkten möglicherweise Korrekturen (Afghanistan - vielleicht doch ein Krieg?), denkt aber nicht daran, das "Peacewashing" aufzugeben. Die modifizierte Selbstdarstellung der Münchner "NATO-Sicherheitskonferenz" ist dafür wohl kennzeichnend.

Warum das alles mit dieser Überschrift?

Für mich stellt es sich so dar, daß viele Friedensfreund_innen, die weiter ihre Hoffnung auf Partnerschaft mit den Regierungen setzen, damit (natürlich unfreiwillig) zum Sparringspartner beim Peacewashing werden.

Im letzen Jahr wurde zur "NATO-Sicherheitskonferenz" ein kooperationswilliger Friedensfreund als Vorzeigegast herumgereicht.

Was dessen Rolle dabei bedeutet, überlasse ich den geneigten Leser_innen als Hausaufgabe.

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Vorbehalt: Dieser Text ist ein "Freizeittext eines Amateurs". Für eine tragfähige Auseinandersetzung ist das alles mit Quellen, Zitaten und anderen Belegen zu ergänzen. Einiges ist möglicherweise entsprechend pauschal verkürzt, Ergänzungen vorbehalten.

Das Establishment läßt sich die Analysen und Pamphlete in Einrichtungen mit wohldotierten Stellenplänen (alternativ und gleichzeitig: von abhängigen, prekär beschäftigten Wissenschaftlern) aufschreiben.
Ich hoffe jedenfalls, daß ich trotzdem, mit meinen Mitteln in der Freizeit, den "etablierten" Kriegspropagandisten in die Suppe spucken kann.